Der Traubenhandel in der Champagne
Die 340 großen Häuser, négoce genannt (dt. Handel) besitzen und bewirtschaften nur 10% der Rebflächen der Champagne, produzieren jedoch 70% der Flaschen. Der Rest der Fläche entfällt auf die knapp 16’000 Weinbauern und 140 Kooperativen, auch vignoble genannnt (dt. Weingut/-berg). Die négociants kaufen einen Großteil ihrer Produktion als Trauben, Most, Stillwein oder sogar als fertige Flaschen von den Weinbauern oder Kooperativen zu. Durch die enge Verflechtung zwischen négoce und vignoble besteht eine große gegenseitige Abhängigkeit der jeweiligen Akteure.
Die négociants streben nach Sicherheit und Stabilität in der Versorgung, sowie der Lieferung von Erzeugnissen, die dem Qualitätsanspruch von Champagner entsprechen. Das vignoble trachtet nach Sicherheit und Stabilität der Abnahme seiner Produktion, sowie einer Vergütung, die eine gerechte Aufteilung des von den négociants geschaffenen Werts beim Endkunden ermöglicht. Der aktuelle Preis von 7€/kg liegt bei 30 - 40% des Umsatzes des négoce, eine signifikante Kostenposition.
Ab 1911 wurde in diesem schwierigen Kontext nach und nach eine gemeinsame Verwaltung der Appellation mit dem Ziel aufgebaut eine kollektive Entscheidungsfindung und geeignete Regulierungsinstrumente zwischen négoce und vignoble zu etablieren. Zunächst trafen sich ab 1911 Vertreter der beiden Seiten zu einem jährlichen Treffens um den Kilopreis der Trauben je Gemeinde zu bestimmen. Die Krise von 1929 unterbrach diese ersten konzertierten Bemühungen und ein Präfekt legte daraufhin jährlich den Mindestpreis für Trauben fest. Im Jahr 1935 wurde die commission de Chalons gegründet, 1940 (durch die Besatzungsmacht) ein nationales Amts für den Vertrieb von Champagner und 1941 das CIVC (Comité Interprofessionnel du vin de Champagne). Dieses paritätisch besetzte Komite (6 Vertreter des négoce, 6 Vertreter des vignoble und ein Staatskommissar) ist seither verantwortlich für die Organisation und Kontrolle der Produktion, des Vertriebs und der Verkaufsförderung von Champagner, sowie für die Durchführung von Forschungsarbeiten. Bis 1990 wurde auch der Preis der Trauben durch das CIVC festgelegt.
Seit 1991 schließen die beiden Seiten für jeweils 5 Jahre einen Rahmenvertrag ab. Das vignoble (d.h. die teilnehmenden Winzer und Kooperativen) verpflichten sich dazu ihre Ernte an den négoce zu verkaufen. Im Gegenzug verpflichten sich die négociants zur Abnahme und zu einer Methode der Preisermittlung, die auf dem Verkaufspreis einer Flasche beruht. Die Transaktionen werden dann zu den von der CIVC empfohlene Konditionen (d.h. Preis, Zahlungstermine, Sperrung, Entsperrung,...) ausgeführt. Die Rahmenverträge wurden jedoch immer komplexer und seit einiger Zeit versucht der négoce auf Einzelverträge umzusteigen. Für den einzelnen Winzer bedeutet dies oftmals deutlich attraktivere Konditionen, aber die Verhandlungsposition des vignoble wird dadurch mittelfristig geschwächt. Es bleibt also spannend wie sich die nächste Phase des Traubenhandels entwickeln wird.
